Montag, 21. Februar 2005

Der Wahlkrimi von Kiel

Lange Zeit war ein Wahlabend in Schleswig-Holstein nicht so spannend wie der gestrige Sonntag. Und das Ergebnis steht noch nicht fest. Hatte es mehrere Stunden so ausgesehen, als wäre die regierende rot-grüne Koalition entgegen allen Prognosen dem schwarz-gelben Lager knapp unterlegen, ergibt sich nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis eine Pattsituation: Weder SPD und Grüne noch CDU und FDP werden im neuen Landtag über eine ausreichende Mehrheit an Sitzen verfügen, um das nördlichste Bundesland der Republik zu regieren. Das "Zünglein an der Waage" ist der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen und friesischen Minderheit, die seit 50 Jahren von der Fünf-Prozent-Hürde ausgenommen ist. Der SSW, der im Landtag und in den Kommunen (und programmatisch) traditionell eher der SPD nahesteht, wird nun Gespräche mit beiden Lagern führen, denn sowohl SPD als auch CDU erheben Anspruch auf die Regierungsverantwortung. Schon vor der Wahl hat der SSW die Tolerierung einer Minderheitsregierung nicht ausgeschlossen, wobei die Betonung immer auf "einer" liegt, also ohne öffentlich geäußerte Präferenz für eines der Lager. Eine echte Koalition wird von Seiten des SSW ausgeschlossen und ist eher unwahrscheinlich. Die Begründung: Man unterstütze das traditionelle Lagerdenken nicht und wolle eher im Sinne eines "skandinavischen", "kooperativen" Politikverständnisses handeln. Im Hintergrund spielt sicherlich die Sonderrolle, die der SSW aufgrund der Befreiung von der Fünf-Prozent-Klausel spielt, eine Rolle, denn dieser ist sich die kleine Partei sehr wohl bewußt.

Da die Wähler und Wählerinnen in unserem Lande nicht für klare Verhältnisse gesorgt haben, wird es jetzt um die Deutungshoheit über das Ergebnis in den Medien gehen. Da ist von Seiten der CDU-Granden im Bund und Land von der "Koalition der Verlierer", die nicht die Regierung stellen dürfe und von "Verfälschung des Wählerwillens" die Rede; davon, dass "50000 Dänen nicht die Landespolitik bestimmen können" usw. In der Haut von Anke Spoorendonk, Spitzenkandidatin des SSW, möchte man in den nächsten Tagen nicht stecken, den der öffentliche Druck wird sicherlich zunehmen, geht es doch um die Macht im Lande. Eben forderte ein Kommentator des NDR in den Tagesthemen eine große Koalition - ohne Heide Simonis - unter Hinweis auf die großen Probleme im Land - und ganz so, als ob diese Probleme ein schleswig-holsteinisches Alleinstellungsmerkmal wären. Ich bin gespannt, welche Argumente dem "bürgerlichen" Lager in den kommenden Tagen noch einfallen werden, um die bisher eben nicht gewonnene Wahl für sich zu entscheiden.

Updates:
[1] SHZ am zweiten Tag nach der Wahl
[2] SpOn "Machtkampf um Mehrheitsmacher"
[3] FR "Absturz aus Zwischenhoch"

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